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EXCERPTS/AUSZÜGE

Poetiken der Kraft

Sophie Wennerscheid – Professorin – Gent Universität, Belgien

Auch in meinem zweiten Buch ‘Close your Eyes’. Phantasma, Kraft und Dunkelheit in der skandinavischen Literatur (2014) steht die Frage nach der Undurchdringbarkeit der eigenen Existenz zentral. Statt von der philosophischen Textarbeit eines Denkers auszugehen, habe ich hier jedoch versucht, einen kulturhistorischen Wandel sichtbar zu machen, der sich über verschiedene Vorstellungen von Kraft als einer Große menschlicher Entwicklung vollzieht. Ausgehend von Texten der skandinavischen Naturphilosophie zeige ich, dass Kraft bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein als etwas verstanden wurde, dem sein telos immer schon eingeschrieben ist.

 

Diese Vorstellung von Kraft als Kategorie geordneter Entwicklung galt auch für das Konzept der dichterischen Einbildungskraft. Bei aller ihr zugestandenen Freiheit wurde doch erwartet, dass sie dem Gesetz der Vernunft nicht zuwiderläuft und alle antagonistischen Kräfte zu einer höheren Einheit harmonisiert. Diese Vorstellung löst sich Ende des 19. Jahrhunderts auf und wird, wie sich an Texten von u.a. J.P. Jacobsen, August Strindberg, Knut Hamsun und Johannes V. Jensen zeigen lässt, zu einer Poetik irrational-vitalistischer (Trieb-)Kraft ausgebaut. Das Paradigma idealistischer Einbildungskraft transformiert sich in der Moderne in eine phantasmatische Bildwelt des gedanklich Undurchdringbaren. Literatur wird vom Medium der Erkenntnis zu einem Medium des Nicht-Wissens.

 

Originalsprache Deutsch

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Epiphane Wirklichkeiten – Sprachen der Dinge in Literatur und Künsten

Anne Eusterschulte – Professorin – FU Berlin

An der eigensinnigen 'Präsenz der Dinge' manifestieren sich Orientierungskrisen des Ich, des Weltvertrauens und nicht zuletzt der Sprache bzw. des Schreibens. Sie werden zum Kristallisationspunkt von historischen Lebenswirklichkeiten und der Suche nach Orientierung sowie der Problematisierung von Identitäten im Geflecht sozialer Realitäten. Vielfach ist es die spezifische materiale Widerständigkeit von Dingen, ihre Beiläufigkeit und plötzlich erscheinende Fremdheit, die Auslöser von radikalen Wahrnehmungsveränderungen wird und so imaginative Freiräume eröffnet. Wie schlägt sich das auf poetische Verfahren und künstlerische Praktiken oder auf ästhetische Reflexionen nieder? Wie bestimmen Präsenzerfahrungen das artistische Selbstverständnis im Bezug zur Dingwelt? [...] Was charakterisiert den epiphanen Charakter der Wirklichkeit, der an den Dingen zum Vorschein kommt? [...]


Diese Epiphanien der Ding-Welt, d.h. der transgressive Charakter der Phänomene erlaubt es geradezu, die Welt mit anderen Augen zu sehen und aus erstarrten Konventionen auszubrechen. [...] Eben dieser Epiphanie-Charakter der Dinge, die Weise also, wie sich im Besonderen eine spezifische Sinnfülle andeutet, zeigt oder zur Erscheinung bringt und wie an einzelnen Dingen Reflexionen des Ich, des Künstlers, der Welterfahrung bzw. historischen Wirklichkeit aufbrechen, verbindet sich mit ästhetischen wie poetischen Verfahren, Sprachformen zu finden, die die Dinge literarisch beredt werden lassen.

– Originalsprache Deutsch

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